Die (mögliche) Zukunft unserer Städte

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9 Jahre 2 Wochen her - 3 Jahre 11 Monate her #1 von Walter Gollhardt
Die (mögliche) Zukunft unserer Städte wurde erstellt von Walter Gollhardt
Auslöser für meine Gedanken zur Entwicklung unserer Städte in der Zukunft war der von mir gelesene euphorische Satz: In zwanzig Jahren fahren wir alle lautlos mit Elektroautos durch unsere Städte.
Ich bin der Ansicht, dass es noch lange nicht ausgemacht ist, ob der Elektroantrieb der Antrieb der Zukunft sein wird, denn das Potential des Verbrennungsmotors hinsichtlich Leistung, Emissionen und Verbrauch ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Durchsetzen wird sich der Elektroantrieb wohl nur nach einem Quantensprung in der Akkutechnik, einer dem Verbrennungsmotor vergleichbaren Fahrleistung, kräftig sinkenden Preisen und einer entsprechenden flächendeckenden Versorgung mit Akkuwechsel- bzw. Ladestationen.
Vor diesem Hintergrund sehe die Entwicklung unserer großen Städte in den nächsten zwanzig Jahren eher nüchtern.
Der Zuzug von schlecht ausgebildeten, ärmeren Bevölkerungsschichten wird weiter stark zunehmen. Das Beispiel der fast unregierbaren Megastädte mit wachsender sozialer Ungleichheit und steigender Kriminalität weltweit sollte uns da eine Warnung sein.
Man muss nicht überheblich in den Süden Europas blicken, denn auch bei uns im angeblich so reichen und vorbildlichen Deutschland sind die meisten Kommunen pleite. Ein ausgeglichener Haushalt ist eher die Ausnahme denn die Regel. Viele Städte werden unter der Knute eines Haushaltssicherungsgesetzes bei stark steigenden Sozialausgaben „regiert“, d. h. alle Ausgaben sind reglementiert, unterliegen der Genehmigung, und sind auf das Notwendigste reduziert. Trotzdem steigen die Ausgaben z. B. für die soziale Grundsicherung steil an, da viele mit ihrer Rente bzw. mit ihrem Einkommen nicht auskommen.
Jetzt rächen sich unser jahrelanges Leben auf Pump, und die Zeiten, wo viele Stadtkämmerer das städtische Tafelsilber an windige Investoren und Hedgefonds verscherbelt haben, um kurzfristig Haushaltslöcher zu stopfen. Die Renditeversprechen der Investoren stellen sich zunehmend als Luftschlösser heraus, und das ehemalige städtische Eigentum wie die Wasserversorgung oder das Abwassersystem müssen nun teuer mit neuen Schulden zurückgekauft bzw. abgeschrieben werden. Dringend notwendige Investitionen und die Sanierung von Straßen, Brücken!! und öffentlichen Gebäuden müssen verschoben, bzw. ganz aufgegeben werden.
Dazu kommt die zunehmende „Überalterung“ vieler Kommunen, was dazu führt, dass sich die gesamte Infrastruktur langsam auflöst. Schulen und Kindergärten werden mangels Nutzung geschlossen, der ÖPNV wird nach und nach eingestellt, Ärzte schließen ihre Praxen und ziehen lieber in die für sie lukrativeren Innenstädte, Geschäfte werden mangels Kundschaft und teils unbezahlbarer Mieten geschlossen, dazu kommen Leerstände von Wohnungen, obwohl es in vielen Gebieten direkt daneben an bezahlbarem Wohnraum fehlt, und daran wird auch die beschlossene "Mietpreisbremse" wenig ändern. Pendeln wird aber vielen angesichts steigender Energiepreise einfach zu teuer. Die im Moment günstigen Preise an der Tankstelle sind politisch motiviert, und haben keine Zukunft.
In den Großstädten kommt es bereits heute zu wachsender Anonymität und zur Vereinsamung vieler, vor allem älterer Menschen, da sich die gewachsenen Umfeldstrukturen langsam auflösen, bzw. gar nicht erst bilden. Menschen sind nirgends einsamer und anonymer als in einer Großstadt, in der die meisten schon ihren Wohnungsnachbarn nicht mehr kennen.
Eine weitere Folge sind Ghettobildungen entlang ethnischer bzw. einkommensabhängiger Grenzlinien. Damit wird die Wohnstrasse, bzw. das Stadtviertel zur Visitenkarte jedes Einzelnen, im positiven wie im negativen Sinne.
Reichenghettos mit Zäunen, Eingangsschleusen und Wachpersonal davor gibt es inzwischen nicht mehr nur in den USA sondern auch bei uns in Deutschland.
Der für den Bestand einer Gesellschaft überlebenswichtige Mittelstand wird dabei durch die Geldpolitik und extrem niedrige Zinsen schleichend enteignet, zusätzlich durch die Inflation, die weit höher ist, als offiziell zugegeben, und die zunehmende Gewissheit, dass eine gute Ausbildung oder ein Studium heutzutage nicht mehr die Garantie für ein gutes und sicheres Einkommen und ein Leben in Wohlstand sind.
Im Gegenteil. Keine gesellschaftlich relevante Gruppe wird dermaßen von begründeten Abstiegsängsten geplagt wie der von allen politischen Parteien in Sonntagsreden hofierte Mittelstand. Und diese Ängste sind absolut begründet. Schon eine plötzlich eintretende Arbeitslosigkeit kann innerhalb eines Jahres auch einen zuvor gut verdienenden Akademiker zum "Hartz Vier Empfänger" machen.
So können wir heute auch schon von einem akademischen Proletariat sprechen, da sich wie in anderen Bereichen unserer Wirtschaft viele junge Leute des Nachwuchses von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten hangeln müssen. Die Folge ist dann eine gebrochene Arbeitsbiographie, die letztendlich zu einer zunehmenden Altersarmut führen wird.
Letzte Änderung: 3 Jahre 11 Monate her von Walter Gollhardt.

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