Erinnerung an die erste Reise

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2 Jahre 9 Monate her #1 von Walter Gollhardt
Erinnerung an die erste Reise wurde erstellt von Walter Gollhardt
Es ist zwar gefühlt schon ein Leben lang her, aber ich erinnere mich oft und gerne an die Zeit, als ich und drei Freunde eher nicht so genau wußten, was wir nun mit diesem Leben einmal anfangen wollten.
Ein Studium beginnen, oder erst eine praktische Ausbildung machen?
Klar war für uns eigentlich nur, daß wir erst einmal reisen und die Welt sehen wollten.
Auch damals schon nicht einfach, mit wenig Geld, aber dafür mit vielen, auch unausgegorenen Ideen.
Immerhin besaß einer von uns schon einen gültigen Führerschein.
Nun, wir waren jung, und als erstes haben wir für 500DM einen 17 Jahre alten VW-Käfer gekauft, mit „Brezel-Fenster“. Es handelte sich um einen der ersten nach dem Krieg für die britische Besatzungsarmee gebauten Käfer, einen sog. CCG-Wagen.
Den schwarz lackierten Wagen haben wir in einer Garage erst einmal hergerichtet, denn der Zustand war miserabel, der Rost hatte überall zugeschlagen, etliche Teile mußten erneuert werden, und schlußendlich durfte alles nur möglichst wenig Geld kosten.
Wir haben die Schrottplätze der näheren Umgebung abgegrast, und es ist uns gelungen alle notwendigen Teile preiswert zu beschaffen.
Praktisch hatten wir den Wagen komplett zerlegt, und nach und nach wieder aufgebaut.
Einer unserer Vorbesitzer hatte den originalen Stoffhimmel wohl der Optik wegen mit einem Kunststoffhimmel überklebt. Leider mit einem vollkommen ungeeigneten Kleber, denn später auf unserer Reise in den Süden, als die Sonne den schwarzen Wagen kräftig aufgeheizt hatte, senkte sich der Himmel an langen Leimfäden langsam auf unsere Köpfe herab.
Anfangs haben wir ihn einfach wieder nach oben gedrückt, aber mit geringem Erfolg, so daß wir den Plastikhimmel dann herausgerissen haben. Immerhin stank es im Auto noch wochenlang nach irgendeinem im Kleber enthaltenen Lösungsmittel. Da nach gewisser Zeit die Augen tränten, ging es nur mit heruntergekurbelten Fenstern weiter.
Süden, das hieß für uns erst einmal nach Italien, seit Goethes Italienreise ein fest verankertes Sehnsuchtsziel der deutschen Bildungsbürger. Also auch für uns.
Über die alte Paßstraße über den Brenner mit wenig Verkehr, und unser 24,5 PS Käfer hatte schon ordentlich zu tun, teilweise im zweiten Gang.
Allerdings fuhren wir zu unserer großen Freude an etlichen großen Schlitten vorbei, die am Straßenrand mit geöffneten Motorhauben standen, unter denen teils mächtige Dampfwolken hervorströmten.
Bis jetzt hatte uns unser Käfer, in den wir jede Menge Arbeit, unsere geringe Barschaft und auch Zeit investiert hatten, nicht im Stich gelassen.
Das sollte auf unserer Reise allerdings nicht so bleiben, aber zum Glück ist das ja nicht vorhersehbar, und unser jugendlicher Optimismus ließ für solche trüben Gedanken auch keinen Raum.
Wir genossen dieses unbeschreibliche Gefühl von Lebenslust, Freiheit und Ungebundenheit, das sich in den späteren Lebensjahren so nicht mehr eingestellt hat.

(Wird fortgesetzt)
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