Eine Bootstour auf den Masurischen Seen

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11 Jahre 4 Monate her #1 von Bernd Offizier
Bernd Offizier antwortete auf Eine Bootstour auf den Masurischen Seen
Liebe Sonnhild, lieber Walter,
mit etwas Vorstellungskraft kann man sich in Eure Reisen, am besten mit zur Hilfenahme von Landkarten, hineindenken.
Vielen Dank für Euren Reisebericht.
Bernd

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11 Jahre 4 Monate her - 3 Jahre 11 Monate her #2 von Walter Gollhardt
Eine Bootstour auf den Masurischen Seen wurde erstellt von Walter Gollhardt
Bootstour Masurische Seen

An einem Nachmittag im August fahre ich zum Hauptbahnhof in Köln.
Da ich noch Zeit hatte, habe ich noch ein Würstchen gegessen, und bin dann in den pünktlich einrollenden ICE gestiegen. Nach knapp 45 Minuten bin ich dann im Frankfurt Airport angekommen.
Ich bin dann durch lange Gänge, über Rolltreppen und durch viele eilige Menschengruppen hindurch zum Hilton-Garden Hotel gelaufen.
Das neue Hilton liegt wie ein riesiges Kreuzfahrtschiff aus Glas und Stahl direkt an der Autobahn und dem Flughafen. Das Hotel ist ein gewaltiger Glaspalast mit Innenhof, indem man sich etwas verloren vorkommt. Es ist allerdings vollkommen schallgedämpft, so dass man von den alle drei Minuten startenden und landenden Maschinen, die direkt über das Gebäude fliegen, absolut nichts hört. Da man am Empfang eine Magnetkarte bekommt, ist das Suchen und das Finden des Zimmers im richtigen Stockwerk kein Problem.
Das Zimmer war groß und gut eingerichtet, allerdings durch die laufende Klimaanlage eiskalt. Ich habe sie erst einmal ausgeschaltet.
Da ich kein Frühaufsteher bin, habe ich mich für die Übernachtung auf dem Flughafen entschieden.
Da ich die Klimaanlage im Zimmer ausgeschaltet hatte, bin ich mitten in der Nacht nass geschwitzt aufgewacht. Ich habe die Klimaanlage wieder eingeschaltet, und mich dadurch ordentlich erkältet.
Unsere Maschine nach Warschau sollte am anderen Morgen um 09:10 Uhr starten, so dass wir schon spätestens um 07:30 Uhr am Check-In sein müssen. Um sechs Uhr klingelt dann mein Handy. Das Frühstück für 21 € sparen ich mir, ich trinke lediglich einen Kaffee.
Das Einchecken klappt problemlos, auch mit den erlaubten zwanzig Kilo Gepäck haben wir keine Probleme.
Wir fliegen mit der polnischen Airline „LOT“.
Mit fünf Minuten Verspätung starten wir dann mit einer fast neuen Maschine nach Warschau. Flugangst habe ich keine! Leider sitzen wir direkt hinter der Tragfläche, so dass die Sicht nach draußen etwas eingeschränkt ist. Die Maschine liegt sehr ruhig, lediglich in den Wolken gibt es leichte Turbulenzen.
Nach gut anderthalb Stunden landen wir butterweich und bei leichtem Regen in Warschau auf dem Airport „Frederic Chopin“.
Der Flughafen ist gegenüber Frankfurt recht klein. Nach einer guten Stunde haben wir dann auch endlich unser Gepäck. Nun gilt es die Zeit totzuschlagen, bis uns unser Shuttlebus zur Startbasis Piaski in Masuren und zu unserem gemieteten Boot bringt.
Kurz vor drei Uhr meldet sich in der Flughafenhalle unser Reiseleiter nach Piaski. Er heißt Waldemar, ein immer gute gelauntes polnisch-deutsches rundköpfiges Schlitzohr, das ständig seine Witzchen macht. Im Bus ist viel Platz, obwohl auch noch eine größere Schweizer Radfahrgruppe dabei ist.
Wir fahren am Warschauer Zentralbahnhof vorbei, wo noch Passagiere zusteigen, dann geht es Richtung Masuren. Es ist viel Wochenendverkehr auf den Strassen, und die Fahrt durch Zentralpolen ohne Autobahn ist ebenfalls langweilig.
Unterwegs halten wir an einem kleinen Rasthaus. Beeindrucken fand ich dort, dass man vom Lokal aus auf einem riesigen Bildschirm sein Auto auf dem Parkplatz sehen konnte, sicherlich nicht ohne Grund!!
Für die gut 250 Kilometer hat der Bus knapp vier Stunden gebraucht, so dass wir erst in der Abenddämmerung in der kleinen Marina Piaski angekommen sind.
Empfangen hat uns dort ein freundlicher junger Mann, der gut deutsch sprach. Wir haben unser Boot bezogen, und noch eine Kleinigkeit gegessen.
Die Formalitäten der Bootsübergabe werden wir dann morgen früh erledigen.
Es war ein langer Tag, so dass wir alle nach einem kurzen Spaziergang an Land todmüde ins Bett gefallen sind.
Nach einem Frühstück aus unseren mitgebrachten Vorräten haben wir die Übergabeformalitäten erledigt und sind dann Richtung des Sees Jezioro Sniardwi und Mikolaijki gestartet. Im Reiseführer das „Venedig des Ostens“ genannt. Derjenige, der sich den Vergleich mit Venedig ausgedacht hat, war wohl noch nie dort. Ähnlichkeiten sind jedenfalls nicht gegeben. Bei dem Tempo des Bootes werden wir für die Strecke ca. zwei Stunden brauchen. Der Himmel ist bedeckt, und es regnet immer wieder leicht. Hoffentlich bleibt das nicht so, denn bei unserer nun fünften Bootstour hätten wir eigentlich besseres Wetter verdient.
Die Landschaft ist wirkt auf uns sehr beruhigend, auf dem See sind viele Segelboote unterwegs, und die Ufer sind von dichten Schilfgürteln gesäumt.
In Mikolaijki machen wir uns auf die Suche nach einem Supermarkt. Wir werden schließlich auch fündig, und tätigen erst mal einen Großeinkauf. Die Preise dort betragen nur ca. ein Drittel der bei uns üblichen Beträge, und die Auswahl ist allerdings wesentlich geringer als bei uns.
Da heute Sonntag ist, finden wir in Mikolaijki keinen Anlegeplatz, schließlich werfen wir an einer flachen Stelle im See den Anker. Das klappt ganz gut, da es windstill ist.
Wir bereiten uns erst mal ein Mittagessen zu, es gibt Schweinefilet, Tomatensalat und Kartoffeln. Das Lichten des Ankers über eine Ratsche von Hand ist dann Schwerstarbeit.
Da die Seen teilweise und ganz plötzlich sehr flach sind, fahren wir uns ein kleines Stück neben der mit einer grünen und einer roten Tonne gekennzeichneten Fahrrinne direkt im Schlick fest. Zum Glück bleibt die Antriebsschraube frei, so dass wir uns aus eigener Kraft und ohne den Motor zu überhitzen wieder freiwühlen können. Hilfreich dabei ist, dass unser Boot nur 80 Zentimeter Tiefgang hat, und der Boden sehr flach und glatt ist. Mittlerweile zollen wir dem bordeigenen Echolot größere Aufmerksamkeit. Die Anzeige schwankt manchmal zwischen über dreißig und dann wieder einem Meter Tiefe.
Am späten Nachmittag legen wir dann in Zielona Gaj an. Es ist eine kleine Marina, aber man kann gegen Bezahlung Strom bekommen, und der ansonsten unfreundliche und stumme Hafenmeister schließt uns zumindest das Stromhäuschen auf. Uns fällt auf, dass die Masuren extrem muffelig sind, was wohl an dem Menschenschlag liegen mag, aber sicherlich auch mit fünfzig Jahren Kommunismus zusammenhängt. (Be)dienen ist für die meisten hier ein Fremdwort, im Gegenteil wird erwartet, dass man froh und dankbar ist, wenn man überhaupt etwas bekommt. So wird sich der dringend gewünschte Tourismus mit den Ländern im Westen allerdings nicht entwickeln. Z. Zt. werden die Masurischen Seen zu 95 Prozent von Einheimischen besucht, und die sind diese „Behandlung“ offensichtlich gewöhnt.
Oberhalb der Marina gibt es ein kleines Lokal, wo man gemütlich draußen sitzen kann. Bedient wurden wir aber auch erst nach Aufforderung. Anschließend machen wir einen Spaziergang zu den wenigen Häusern, die sich um einen stark verfallenen ehemaligen Gutshof gruppieren. Die noch vorhandenen Stallungen sind eine Ruine, die Tiere alle verschwunden. Die Böden sind hier sehr karg, und sie werden kaum noch bewirtschaftet. Lieber kassieren die Leute die sog. „Stillegungsprämie“ der EU aus Brüssel.
Dabei wäre dies das ideale Land für die Viehzucht. In Masuren und Teilen von Zentralpolen scheint die Zeit jedenfalls stehengeblieben zu sein, keine Spur von dem angeblichen Boom im übrigen Land.
Wenn man den ganzen Tag draußen verbringt, ist man am Abend rechtschaffen müde, so dass wir bald zu Bett gehen.
Nach dem Frühstück starten wir zur Weiterreise nach Gizycko, dem früheren Lötzen. Lt. Reiseführer nennt sich die Stadt die „Sommerhauptstadt Masurens“. Gizycko hat ca. 30.000 Einwohner und liegt zwischen dem Kissain-See und dem Löwentin-See.
Auf dem Weg zu unserem Anlegeplatz etwas außerhalb der Stadt durchfahren wir den Lötzener Kanal und passieren die von Hand betriebene Drehbrücke. Sie stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jhdts.
Schiffs- und Autoverkehr werden hier per Ampel zu bestimmten Zeiten geregelt. Die Brücke lockt immer viele Zuschauer an, besonders, seit man wieder auf Handbetrieb umgestellt hat, da der zeitweise installierte Motor die Fundamente der Brücke beschädigt hatte.
Wir müssen vor der Brücke kurz in einer Warteposition anlegen, und können dann unter den Augen vieler Touristen die enge Durchfahrt passieren.
Den in den Unterlagen empfohlenen Anleger finden wir schnell, und nach dem Festmachen gehen wir erst mal zum Einkaufen. Später laufen wir zu der auf einem Hügel über der Stadt gelegenen Festung „Boyen“. Die riesige Festungsanlage aus der ersten Hälfte des 19. Jhdts. sollte einmal die Ostgrenze des Deutsche Reiches schützen.
Ende Januar 1945 fielen die Festung und die Stadt Lötzen der Roten Armee kampflos in die Hände.
Nach dem Krieg diente die Festung höchst zivilen Zwecken. Man nutzte sie als Hühnerfarm, bzw. als Getreidespeicher. Seit Mitte der neunziger Jahre ist die inzwischen restaurierte Anlage für Touristen geöffnet.
Wir laufen durch die große Anlage und anschließend ein Stück durch die Stadt. Ich war ja schon mal 1977 hier, erkenne aber nichts mehr wieder.
Am nächsten Tag machen wir uns mit unserem Boot auf den Weg nach Sztynort, früher Steinort. Die Landschaft dort ist sehr schön, und wir wollen mit den Fahrrädern zur Ruine des Schlosses fahren, dass früher den Grafen Lehndorff gehört hat.
Das Schloss, umgeben von einem großen englischen Landschaftsgarten, muss früher einen imposanten Anblick geboten haben. Lediglich die alten Wirtschaftsgebäude wurden inzwischen von einem Jachtverleih restauriert.
Das 400 Jahre alte Schloss, von den Tartaren zerstört, wurde im Stile des Barock wieder aufgebaut, und nach 1945 von der Roten Armee als Sammelstelle für Beutekunst genutzt. Es hatte den Krieg unbeschädigt überstanden, inzwischen steht es kurz vor dem Einsturz. Jetzt besteht aber die Hoffnung auf seine Rettung, da 2009 die Deutsch-Polnische Stiftung für Kulturpflege und Denkmalschutz die Ruine erworben hat. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen sind geplant, ebenso der Umbau in eine Deutsch-Polnische-Begegnungsstätte.
Unsere Fahrt dort hin bei schönem Wetter stand leider unter keinem guten Stern, zwar können wir unser Ziel von Weitem am Ufer sehen, aber nicht dort hingelangen, denn das Wasser ist hier so flach, dass wir uns zwei Mal im Schlick festfahren. Beide Male haben wir die größte Mühe, wieder freizukommen. Schließlich geben wir etwas frustriert auf, und kehren nach Gizycko zurück.
Den Besuch des noch zwanzig Kilometer entfernten Wegorzewo, früher Angerburg, inklusive der Ruinen der „Wolfsschanze“ ersparen wir uns.
Am nächsten Tag machen wir eine Radtour.
Wir fahren dann durch die Stadt zur neu angelegten großen Marina und durch einen für Familien mit Kindern angelegten Vergnügungspark.
Wie schon auf der ganzen Reise fallen uns im Gegensatz zu Deutschland viele junge Leute auf, die mit ihren Kindern unterwegs sind.
Anschließend machen wir uns auf die Suche nach dem Wasserturm, der ein Museum beherbergt, und von dessen Spitze man einen weiten Blick über die Stadt, den See und die masurische Landschaft haben soll.
Obwohl wir den Turm von weitem gesehen haben, dauert es dann doch eine Weile, bis wir ihn gefunden haben.
Praktischerweise kann man innen mit einem Aufzug bis ins oberste Stockwerk fahren. Ganz oben ist ein hübsch eingerichtetes Cafe, und auch die angekündigte Aussicht können wir von einem offenen Umgang aus genießen. Das Cafe ist mit einer lauten Busladung aus Sachsen gut gefüllt!!
Wir genießen die schöne Aussicht und die Sonne. Da es auch noch fast windstill ist, kann man es hier oben gut aushalten.
Am nächsten Tag, es ist der Mittwoch, fahren wir dann nach Zielona Gaj zurück. Wir legen so an, dass wir mit Hilfe eines langen Schlauches unsere stark geschrumpften Wasservorräte auffüllen können. Das Wetter ist nach wie vor sehr schön, so dass wir eine längere Radtour in die typische masurische Landschaft machen. Wir kommen dabei durch kleine Ortschaften, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Die Dorfstraßen sind unbefestigt, und nach einem längeren Regen und im Winter wohl schlicht unpassierbar. Uns fallen wieder die großen verwilderten und ungenutzten Flächen auf. Im Agrarland Polen scheint zumindest hier kaum noch jemand Landwirtschaft zu betreiben, den Brüsseler Subventionen sei Dank.
Eigentlich wollen wir in einer großen Schleife am Seeufer wieder zu unserem Boot zurückfahren, müssen allerdings feststellen, dass es keinen entsprechenden Weg am See entlang gibt.
Bei einer Art Bauernhof halten wir an, und bewundern eine Sammlung alter stark verrosteter landwirtschaftlicher Geräte neben einer verwitterten Scheune. Unter dem Vordach stehen einige ca. zwei Meter hohe stark vom Zahn der Zeit angenagte und verwitterte geschnitzte Holzfiguren. Sie sind sehr naiv ausgeführt, eben typisch bäuerliche Kunstwerke der Gegend.
Bald kommt auch ein junger Mann aus dem Bauernhaus dazu, der gut deutsch spricht. Er erklärt, dass die Figuren sein Vater geschnitzt habe. Sie wären auf den Wiesen und Weiden aufgestellt gewesen, aber nun teilweise von unten angefault und umgefallen. Er habe sie dann unter das Scheunendach gerettet. Da sie aus weichem Lindenholz seien, wäre sie eben nicht sehr haltbar.
Er bestätigt, dass die Böden der Umgebung schlecht wären. Eine Hafer- und Gersteernte wäre nur unter dem Einsatz von großen Mengen Kunstdünger möglich. So wären viele Flächen stillgelegt, um eben die Prämie aus Brüssel zu kassieren, immerhin 280 Euro pro Hektar.
Leider haben wir alle keinen Fotoapparat dabei, denn die Figuren hätten wir gerne abgelichtet.
Da uns inzwischen die sehr aggressiven Mücken der Gegend gefunden haben, flüchten wir schnell auf unseren Fahrrädern.
Unsere Schlafkabinen sind zum Glück mit Mückengittern versehen, und ich habe auch extra darauf geachtet, von den Viechern in der Nacht nicht belästigt zu werden.
Am nächsten Tag geht es dann zurück nach Mikolaijki.
In den Reiseunterlagen habe ich eine Anlegemöglichkeit an der Uferpromenade und in der Nähe der Stadt gefunden.
Heute scheint zwar wieder die Sonne vom dunkelblauen Himmel, es weht aber ein starker Wind.
Die Marina ist wider Erwarten ziemlich voll, aber wir finden einen freien Liegeplatz ganz außen. Wir müssen rückwärts mit dem Heck am Steg anlegen, was sich bedingt durch den starken Seitenwind als nicht einfach erweist. Der Wind drückt das schwere Boot immer am Steg vorbei. Beim dritten Anlauf springe ich schließlich wagemutig hinüber, und so gelingt es mir dann schließlich mit Hilfe der beiden Seile das Boot an den Steg zu ziehen und festzumachen. Vorne am Bug machen wir das Boot noch zusätzlich an einer der beiden am Boden verankerten Bojen fest.
Hafenmeister sind anscheinend immer schlecht gelaunt, und dieser hier macht da keine Ausnahme. Immerhin ist er uns nach dem Bezahlen von 40 Zloty gleich 10 Euro für 24 Stunden beim Anschließen des Stromkabels behilflich.
An den Anlegestegen herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Die fast ausschließlich polnischen Touristen legen mit ihren gemieteten Segelbooten immer nur ein paar Stunden an, kaufen ein oder bummeln an der Uferpromenade entlang.
Von hier fahren Ausflugsboote auf den See hinaus, darunter auch ein nachgemachter dreimastiger Gaffelsegler. Natürlich alles eine große Show, denn das Boot ist ein Touristenboot, das Rundfahrten auf dem See macht. Immerhin ein hübscher Anblick!
Am Abend essen wir Fisch in einem Restaurant am Seeufer. Heinz, Carlo und Mons essen Aal, ich probiere mal den typischen Fisch aus dem See, nämlich die Maräne. Sie hat ziemlich viele feine Gräten, und sie schmeckt nicht nach viel.
Am nächsten Tag scheint wieder die Sonne, und wir wollen mit den Fahrrädern in das Dorf Galindia fahren, lt. Reiseunterlagen neun Kilometer entfernt. Dort gibt es viele Holzschnitzereien und vor allem die überlebensgroßen Holzfiguren zu bewundern.
Noch in Mikolaijki kommen wir an einem Verkaufsstand vorbei, wo es frisch geräucherte Aale gibt. Wir beschließen, dort auf dem Rückweg noch einmal vorbei zu fahren.
Die Kilometerangaben in Polen stellen sich dann doch als sehr ungenau heraus. Nach geschätzten fünfzehn Kilometern, mit einigen langen und recht steile Anstiegen, haben wir zwar jede Menge Hinweisschilder nach Galindia gesehen, der Ort scheint aber noch in weiter Ferne zu sein. Wir beschließen Mut zur Lücke zu haben, und legen dafür eine Rast an einem romantisch gelegenen kleinen See ein.
Die Rückfahrt erweist sich dann als ein Kinderspiel, da wir die ganzen auf der Hinfahrt mühsam erklommenen Hügel herunterrasen können.
An der Bude kaufen wir dann einige frisch geräucherte noch warme Aale, und machen uns dann auf den Rückweg zum Boot.
Am Freitag starten wir am frühen Nachmittag nach Piaski. Es ist immer noch sehr windig, obwohl die Sonne hoch am blauen Himmel steht.
Gegen achtzehn Uhr machen wir am Steg in Piaski fest. Abgeben können wir das Boot dann morgen erst so gegen acht Uhr, und kurz danach bringt uns der Shuttlebus dann schon wieder nach Warschau zum Flughafen.
Zu Abend essen wir dann im kleinen Restaurant in Piaski zusammen mit der Schweizer Radfahrergruppe. Es gibt ein Dreigängemenu für alle, als Vorspeise ein hervorragende Steinpilzsuppe, als Hauptgericht gebratenen Aal und zum Nachtisch einen Griespudding, den ich zum letzten Mal als kleines Kind gegessen habe. Pro Nase zahlen wir inkl. dem Bier dazu umgerechnet knapp zehn Euro.
Wir haben bisher noch auf keiner Bootstour so wenig Geld ausgegeben!
Abends packen wir dann alle unsere Koffer.
Um sechs Uhr am Morgen klingelt dann mein Handy. Der Himmel ist zwar bedeckt, aber die Sonne kommt heute bestimmt noch heraus. Nach dem Frühstück und dem Geschirr spülen, räumen wir die Lebensmittelreste aus den Kühlschränken in Müllsäcke, die wir vor dem Boot stapeln, der junge Mann von Kuhnle-Tours kommt zur Abnahme und zur Abrechnung. Das gebeichtete Malheur mit dem Tisch beeindruckt ihn nicht weiter, er stellt ihn uns auch nicht in Rechnung, und dann steigen wir auch schon in den bereitstehenden Bus nach Warschau.
Wir werden am Hauptbahnhof aussteigen, unsere Koffer einschließen, und uns dann die wieder aufgebaute Altstadt anschauen. Unser Flugzeug nach Frankfurt geht erst um 18:20 Uhr, so dass wir noch über drei Stunden Zeit für einen Stadtbummel haben.
Gegen halb eins kommen wir am Hauptbahnhof in Warschau an und deponieren unsere Koffer erst einmal in zwei Schließfächern.
Wir beherzigen die Warnungen des Reiseleiters Waldemar, und suchen uns für die Fahrt zur Altstadt eines der nummerierten Taxis, da bei dieser Variante die Chance beim Preis nicht über den Tisch gezogen zu werden deutlich geringer sein soll. Trotzdem versucht uns der Fahrer 50 Zloty für die kurze Fahrt bis zum Schloss abzuknöpfen. Wir geben ihm zwanzig, und ignorieren seinen lautstarken Aufstand. Was will er schließlich gegen uns vier Leute machen!?
An die Altstadt kann ich mich noch gut erinnern. Wir haben damals auf dem gleichen Platz in einem Kaffee gesessen, lediglich die heute anscheinend üblichen „Reinschmeißer“ sind mir damals nicht aufgefallen. Wir suchen uns ein Lokal ohne diese Animateure und bestellen erst einmal etwas zu essen und zu trinken. Ich esse die in Polen berühmten gefüllten Teigtaschen.
Anschließend laufen wir durch die Altstadt, die inzwischen, gewollt oder ungewollt, wie ein vom Zahn der Zeit angenagtes Original aussieht. Die Farbe wirken alt und verblichen, überall bröckelt inzwischen der Putz. Wären da nicht überall Tafeln, die den durch die Deutsche Wehrmacht und die SS Erschossenen während des Warschauer Aufstandes 1944 gedenken, die Großen Originalaufnahmen, die die restlos zerstörte Altstadt zeigen, man könnte sich tatsächlich in einer „Altstadt“ fühlen. Immerhin war Warschau zu 98 Prozent zerstört. Die siegreiche Rote Armee wartete am anderen Weichselufer ab, bis die SS und die Wehrmacht den Aufstand niedergeschlagen und die Altstadt fast dem Erdboden gleichgemacht hatten.
Wir laufen dann weiter Richtung „Barbakan“, es ist gleichzeitig ein wieder aufgebauter Teil der alten Stadtbefestigung und auch ein Stadtteil, und war während der deutschen Besatzung ein Teil des jüdischen Ghettos.
So langsam aber sicher machen wir uns dann auf dem Rückweg zum Schloss. Wir winken uns ein Taxi heran, nicht ohne den Fahrer vorher zu befragen, was die Fahrt zum Bahnhof und anschließend zum Flughafen kosten würde. Er nennt die Summe von 40 – 50 Zloty, was uns angemessen erscheint.
Wir holen unsere Koffer und dann geht es Richtung Flughafen.
Dort bekommen wir nach der Vorlage unserer Ausweise die Bordkarten. Eigentlich sollten wir mit der Lufthansa fliegen, aber dann verweist man uns kurzfristig an den Schalter der polnischen LOT.
Uns ist es egal, Hauptsache wir kommen nach Frankfurt.
Im Flugzeug sitzen wir ganz hinten. In Frankfurt baut der Pilot eine extrem harte Landung, da er den Seitenwind ausgleichen muss. Wir haben ca. zwanzig Minuten Verspätung, und ehe wir unser Gepäck haben, ist es dann schon viertel vor neun. Ich bin froh, dass ich den Zug erst für kurz vor zehn gebucht habe.
Leider erweist sich der ICE als ein Bummelzug, da er die Strecke über Mainz, Koblenz und Bonn nimmt, so bin ich erst kurz nach Mitternacht in Köln.
Damit ist diese so ganz andere Reise zu Ende.
Letzte Änderung: 3 Jahre 11 Monate her von Walter Gollhardt.

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