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Noch einmal "Brexit"
- Walter Gollhardt
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5 Jahre 9 Monate her - 4 Jahre 7 Monate her #1
von Walter Gollhardt
Noch einmal "Brexit" wurde erstellt von Walter Gollhardt
Der Brexit, eine unendliche Geschichte?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber als ich gestern die Life-Übertragung bei Phönix aus dem britischen Parlament verfolgt habe, hatte ich den unwiderstehlichen Eindruck gipfelnd in der Frage, wissen die meisten der dort anwesenden Abgeordneten überhaupt, worum es da geht, daß sie gerade mal wieder dabei sind ihr Land politisch und auch ökonomisch vor die Wand zu fahren??
Dies geht nun seit zweieinhalb Jahren so, daß im Parlament alle ganz genau wissen, was sie nicht wollen, sich dort vier stabile Blöcke gegenüber stehen, von denen keiner eine Mehrheit hat, und alle blenden die sie umgebende Realität anscheinend vollkommen aus.
In der angelsächsischen Variante der parlamentarischen Demokratie scheint aus kontinentaler Sicht etwas ganz gravierendes zu fehlen, nämlich die Fähigkeit zum Kompromiß.
The Winner get`s it all! Das ist hier die allgemeingültige Devise.
Im britischen Parlament gibt es einige Traditionen, die uns kontinentalen Europäern eher fremd sind.
Da thront ein kleiner Mann, der sog. „Speaker“ erhöht über den sich gegenüber sitzen Abgeordneten, er bestimmt wer reden darf und worüber und wie lange, und er brüllt mit lauter rauher Stimme „Order“ in den Raum, wenn Zwischenrufe und andere Lautäußerungen Überhand nehmen.
Auch gibt es den Brauch, daß Abgeordnete aufstehen, wenn sie ihre Zustimmung zu einem Redebeitrag zeigen wollen.
Nachdem es den Briten in den vergangenen zweieinhalb Jahre nicht gelungen ist, die EU in ihrem Sinne aufzuspalten, d. h. London behält alle Vorteile der Zollunion, den freien Handel von Waren und Dienstleistungen, muß aber keine Freizügigkeit für EU-Bürger gewähren, sich nicht an EU-Recht halten, und ganz wichtig, auch keine Zahlungen mehr an Brüssel leisten. Man nennt es wohl Rosinen picken.
Und der ganz besondere Knackpunkt: London will nicht akzeptieren, daß die Grenze von Nordirland zur Irischen Republik erst einmal keine EU-Außengrenze sein wird, mit Zöllen und Kontrollen, wie bei einem ganz normalen Drittland, sondern GB so lange in der Zollunion verbleiben muß, bis beide Seiten in einem Abkommen eine beiderseitig praktikable Lösung finden. Und dies kann erfahrungsgemäß dauern.
Nun beauftragt das Parlament die Premierministerin May in Brüssel über diesen sog. „Backstop“ an der Grenze zu Irland nachzuverhandeln, d. h. der vor einigen Wochen von May akzeptierte mehrere hundert Seiten lange Austrittsvertrag mit der EU soll wieder aufgeschnürt werden, was niemand innerhalb der EU tun wird.
May kann sich also einen weiteren Besuch in Brüssel sparen!
Der Vorbehalt des Parlamentes, keinen ungeregelten harten „Brexit“ zu wollen ist für die Regierung rechtlich nicht bindend, und wie es im Moment aussieht, läuft aber alles darauf zu. Es wird also das passieren, was keiner will, da die Folgen für die Briten und auch die EU unkalkulierbar, bzw. gravierend sein werden.
Stand heute sind es noch genau 58 Tage bis zum Ausscheiden GB aus der EU, und was nun ganz erstaunlich ist, die politisch geschwächte Theresa May ist die einzige, die noch die Möglichkeiten hätte, aktiv zu handeln.
Obwohl sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren einen Fehler an den anderen gereiht hat, hält sie jetzt die Schlüssel in der Hand:
Sie könnte die EU um einen Aufschub bitten.
Sie könnte das Austrittsverfahren stoppen, und alles bliebe erst einmal beim alten.
Es könnte aber auch dazu kommen, daß GB sozusagen „aus Versehen“ ohne Abkommen aus der EU ausscheidet.
Ich persönlich fände es bedauerlich, wenn GB die EU verlassen würde, denn die Briten waren, obwohl sie die EU immer nur als eine große Freihandelszone zu ihrem Vorteil gesehen haben, immer wichtige Antreiber für Reformen innerhalb der Gemeinschaft, sie sind nach den Rückzügen der USA ein wichtiger militärischer Verbündeter, und eben auch ein nicht unbedeutender Nettozahler in die Kassen der EU.
Bedingt durch ihr Ausscheiden würden sich die Gewichte innerhalb der EU zugunsten der südlichen Mitglieder verschieben, was nicht im Sinne Deutschlands und weiterer Länder im Norden ist.
Außerdem passen die unvermeidlichen wirtschaftlichen Turbulenzen, die sich aus einem Brexit ergeben, z. Zt. nicht in die weltwirtschaftliche Situation, durch mögliche Handelskriege zwischen den USA und China, neue Zollschranken und andere schwelende Konflikte droht der jahrelange weltweite Wirtschaftsboom ins Stocken zu geraten, bis hin zu einer Rezession, und Deutschland wäre als Exportnation davon ganz besonders betroffen.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber als ich gestern die Life-Übertragung bei Phönix aus dem britischen Parlament verfolgt habe, hatte ich den unwiderstehlichen Eindruck gipfelnd in der Frage, wissen die meisten der dort anwesenden Abgeordneten überhaupt, worum es da geht, daß sie gerade mal wieder dabei sind ihr Land politisch und auch ökonomisch vor die Wand zu fahren??
Dies geht nun seit zweieinhalb Jahren so, daß im Parlament alle ganz genau wissen, was sie nicht wollen, sich dort vier stabile Blöcke gegenüber stehen, von denen keiner eine Mehrheit hat, und alle blenden die sie umgebende Realität anscheinend vollkommen aus.
In der angelsächsischen Variante der parlamentarischen Demokratie scheint aus kontinentaler Sicht etwas ganz gravierendes zu fehlen, nämlich die Fähigkeit zum Kompromiß.
The Winner get`s it all! Das ist hier die allgemeingültige Devise.
Im britischen Parlament gibt es einige Traditionen, die uns kontinentalen Europäern eher fremd sind.
Da thront ein kleiner Mann, der sog. „Speaker“ erhöht über den sich gegenüber sitzen Abgeordneten, er bestimmt wer reden darf und worüber und wie lange, und er brüllt mit lauter rauher Stimme „Order“ in den Raum, wenn Zwischenrufe und andere Lautäußerungen Überhand nehmen.
Auch gibt es den Brauch, daß Abgeordnete aufstehen, wenn sie ihre Zustimmung zu einem Redebeitrag zeigen wollen.
Nachdem es den Briten in den vergangenen zweieinhalb Jahre nicht gelungen ist, die EU in ihrem Sinne aufzuspalten, d. h. London behält alle Vorteile der Zollunion, den freien Handel von Waren und Dienstleistungen, muß aber keine Freizügigkeit für EU-Bürger gewähren, sich nicht an EU-Recht halten, und ganz wichtig, auch keine Zahlungen mehr an Brüssel leisten. Man nennt es wohl Rosinen picken.
Und der ganz besondere Knackpunkt: London will nicht akzeptieren, daß die Grenze von Nordirland zur Irischen Republik erst einmal keine EU-Außengrenze sein wird, mit Zöllen und Kontrollen, wie bei einem ganz normalen Drittland, sondern GB so lange in der Zollunion verbleiben muß, bis beide Seiten in einem Abkommen eine beiderseitig praktikable Lösung finden. Und dies kann erfahrungsgemäß dauern.
Nun beauftragt das Parlament die Premierministerin May in Brüssel über diesen sog. „Backstop“ an der Grenze zu Irland nachzuverhandeln, d. h. der vor einigen Wochen von May akzeptierte mehrere hundert Seiten lange Austrittsvertrag mit der EU soll wieder aufgeschnürt werden, was niemand innerhalb der EU tun wird.
May kann sich also einen weiteren Besuch in Brüssel sparen!
Der Vorbehalt des Parlamentes, keinen ungeregelten harten „Brexit“ zu wollen ist für die Regierung rechtlich nicht bindend, und wie es im Moment aussieht, läuft aber alles darauf zu. Es wird also das passieren, was keiner will, da die Folgen für die Briten und auch die EU unkalkulierbar, bzw. gravierend sein werden.
Stand heute sind es noch genau 58 Tage bis zum Ausscheiden GB aus der EU, und was nun ganz erstaunlich ist, die politisch geschwächte Theresa May ist die einzige, die noch die Möglichkeiten hätte, aktiv zu handeln.
Obwohl sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren einen Fehler an den anderen gereiht hat, hält sie jetzt die Schlüssel in der Hand:
Sie könnte die EU um einen Aufschub bitten.
Sie könnte das Austrittsverfahren stoppen, und alles bliebe erst einmal beim alten.
Es könnte aber auch dazu kommen, daß GB sozusagen „aus Versehen“ ohne Abkommen aus der EU ausscheidet.
Ich persönlich fände es bedauerlich, wenn GB die EU verlassen würde, denn die Briten waren, obwohl sie die EU immer nur als eine große Freihandelszone zu ihrem Vorteil gesehen haben, immer wichtige Antreiber für Reformen innerhalb der Gemeinschaft, sie sind nach den Rückzügen der USA ein wichtiger militärischer Verbündeter, und eben auch ein nicht unbedeutender Nettozahler in die Kassen der EU.
Bedingt durch ihr Ausscheiden würden sich die Gewichte innerhalb der EU zugunsten der südlichen Mitglieder verschieben, was nicht im Sinne Deutschlands und weiterer Länder im Norden ist.
Außerdem passen die unvermeidlichen wirtschaftlichen Turbulenzen, die sich aus einem Brexit ergeben, z. Zt. nicht in die weltwirtschaftliche Situation, durch mögliche Handelskriege zwischen den USA und China, neue Zollschranken und andere schwelende Konflikte droht der jahrelange weltweite Wirtschaftsboom ins Stocken zu geraten, bis hin zu einer Rezession, und Deutschland wäre als Exportnation davon ganz besonders betroffen.
Letzte Änderung: 4 Jahre 7 Monate her von Walter Gollhardt. Grund: Sachlicher Fehler korrigiert.
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