Quo Vadis Europa??

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9 Jahre 4 Monate her - 4 Jahre 7 Monate her #1 von Walter Gollhardt
Quo Vadis Europa?? wurde erstellt von Walter Gollhardt
Quo Vadis Europa?

Diese Frage kann, ja muß man stellen, denn siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird Europa nicht nur von der nun immer näher rückenden Staatspleite Griechenlands bedroht, einer wie sich noch zeigen wird relativ überschaubaren Bedrohung, sondern es schwelen gleich mehrere schwere existenzbedrohende Krisen vor sich hin, die allerdings in unserer Wahrnehmung im Augenblick von der akuten Griechenlandkrise überlagert werden.
Die wohl schwerste Bedrohung ist die anhaltende, und sich steigernde soziale Krise, mit ihrer immer noch hohen Jugendarbeitslosigkeit, der Verarmung von weiten Schichten der Bevölkerung, darunter viele Rentner, Alte und chronisch Kranke. Besonders betroffen sind dabei eben Länder, denen immer wieder bestätigt wird, daß sie auf einem guten Weg wären, wie Spanien, Portugal, aber auch Italien, Frankreich und am Ende eben Griechenland. Vor allem in diesen Ländern wird immer lauter die Frage gestellt, ob dieses, bzw. unser Europa ein Europa der Banken und der sog. Finanzmärkte ist, also etwas für einige wenige, oder ob es ein soziales Europa für alle Bürger ist.
Ein weiteres Damoklesschwert hängt über Europa in Form der humanitären Krise, gemeint ist damit die unkontrollierte Migration über das Mittelmeer. Wenn die Zahlen stimmen, dann warten in Libyen, nach dem Sturz von Gadhafi ein sog. „Failed State“ ohne handlungsfähige Regierung, eine Millionen Menschen auf die Überfahrt in das für sie „Gelobte Land“ Europa.
Eine geringe Zahl, vergleicht man sie mit den Millionen, die die Nachbarstaaten um die Krisenregionen Naher Osten aufgenommen haben und auch noch weiter aufnimmt, wie Jordanien, Libanon, die Türkei oder auch das kleine Zypern. Trotzdem sind unsere geringen Zahlen in der Lage, auch in Ländern ohne die nennenswerte Aufnahme von Flüchtlingen rechte Parteien erstarken zu lassen, z. B. in Frankreich den „Front National“, oder in Ungarn die Rechtsregierung von Victor Orban, um nur einige Beispiele zu nennen. In Frankreich stehen die Chancen für Marine LePen nicht schlecht, 2017 die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen.
Und nicht zu vergessen die außenpolitische Krise, die fast ganz aus unserem Fokus verschwunden ist, nämlich unser Verhältnis zu Rußland nach der gewaltsamen Okkupation der Krim, und dem unerklärten Krieg in der Ostukraine.
Soll Europa den Gesprächsfaden zu Rußland abreißen lassen, was meiner Meinung nach unkalkulierbare Risiken bergen würde, oder soll man einfach zur Tagesordnung übergehen, also „business as usuall“ betreiben?
Die unter gewaltigen Verrenkungen beschlossenen „Sanktiönchen“ der EU haben bisher erkennbar so gut wie nichts gebracht.
Bisher war es unter Europapolitikern Konsens, daß der europäische Einigungsprozeß nur in der Krise durch das Normative des Faktischen vorangekommen ist, in langwierigen Verhandlungen, Kompromissen, mit Ultimaten und Roten Linien, aber am Ende stand dann immer eine Einigung!
Wie es im Moment aussieht, hat der alte Kontinent zur Lösung all dieser Probleme nicht (mehr) die Kraft. Die handelnden Politiker wirken eher hilf- und ratlos, und Kanzlerin Merkel, von der sich viele im Europa der Krisen energisches handeln und vorangehen erhoffen, bleibt sich und ihrer Politmaxime treu, abwarten wohin der Zug sich in Bewegung setzt, und in letzter Sekunde ins Fahrerhäuschen springen, um den Eindruck zu vermitteln, sie hätte schon die ganze Zeit dort ungeduldig dringesessen.
Beunruhigend muß es für uns alle sein, daß viele Europäer in der EU in ihrem jetzigen Zustand nicht mehr einen Garanten für Frieden, Wohlstand und soziale Aufstiegsmöglichkeiten für alle sehen, sondern ein bürokratisches Monster in Brüssel, eine kaum zu kontrollierende Macht, die sich nicht demokratisch legitimiert in ihr tägliches Leben einmischt, Krisen nicht lösen kann, sondern selber ein großer Teil dieser Krisen ist.
Und dieser nach außen für den Normalbürger undurchschaubare Moloch in Brüssel hat es in den vergangenen fünf Jahren trotz unvorstellbarer Milliardensummen nicht geschafft, das vergleichsweise „kleine“ Griechenland wirtschaftlich wieder auf die Beine zu stellen. Griechenland verantwortet knapp ein Prozent der Wirtschaftsleistung innerhalb der EU!!! Hier muß auch besonders kritisch die Rolle der Europäische Zentralbank hinterfragt werden, die unter Mario Draghi ihre Handlungsspielräume auf Kosten der durch demokratische Wahlen legitimierten Regierungen skrupellos erweitert hat. Bisher ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen.
Der wiedergewählte britische Premierminister David Cameron wird 2017 seine Landsleute über einen Verbleib in der EU abstimmen lassen, wobei er im Vorfeld Rabatte und Sonderkonditionen für sein Land herausschlagen will. Mit der drohenden Volksabstimmung im Rücken könnte ihm dies sogar weitgehend gelingen. Damit wäre die EU dann aber auf einem kaum noch umkehrbaren Weg zu einer „Fiskalunion“, einem losen Gebilde, in dem ausschließlich nach wirtschaftlichen und finanzpolitischen Gesichtspunkten entschieden würde, weit entfernt von einem sozialen Europa für alle seine Bürger!
Ein überdeutliches Warnsignal, daß sich die EU auf dem falschen Weg befinden könnte, war die zeitweilige Aussetzung des „Schengen-Abkommens“ während des G7-Gipfels in Deutschland, also die Wiedereinführung der Grenzkontrollen. Der Beifall für diese vorerst befristete Maßnahme kam leider von der falschen Seite, und Dänemark, wo rechte Parteien nach der Wahl inzwischen eine starke Position haben, macht sich als erste Maßnahme daran, die Reisefreiheit innerhalb der sog. „Schengenstaaten“ Stück für Stück auszuhöhlen.
Statt wie in der Krise eigentlich richtig, zu eben mehr Europa zu kommen, verstärken sich nun die Fliehkräfte immer mehr.
Wenn dieses Europa zu einer Schönwetterveranstaltung verkommen sollte, sind wir von einem Drehtüreffekt nach dem Motto: Wenn es für uns gut läuft, bleiben wir drin, wenn nicht, gehen wir raus, nicht mehr weit entfernt!
Die von den Medien und auch seriösen Journalisten gebrauchten verharmlosenden Begriffe „Grexit“ und auch „Brexit“ verniedlichen bewußt die für den Fortbestand der EU zerstörerisch wirkenden möglichen Austritte Griechenlands und Großbritanniens aus der EU.
Letzte Änderung: 4 Jahre 7 Monate her von Walter Gollhardt.

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