Mont Ventoux

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10 Jahre 6 Monate her - 4 Jahre 2 Wochen her #1 von Walter Gollhardt
Mont Ventoux wurde erstellt von Walter Gollhardt
Im September mit dem Fahrrad auf den Mont Ventoux

Seit ein paar Jahren trage ich die Idee mit mir herum, und in diesem Jahr habe ich diese bisher eher vage Idee nach einer längeren Vorbereitungs- und Trainingszeit in die Tat umgesetzt.
Eine gründliche sportärztliche Untersuchung hatte zuvor alle möglichen Bedenken meinerseits und auch die meiner Familie zerstreut.
Ein guter Freund war bereit, mir dafür sein sehr teures, sehr leichtes und natürlich super ausgestattetes „Bike“ zur Verfügung zu stellen.
Fahrrad traue ich mich zu diesem Hightech-Produkt gar nicht zu sagen, und so etwas würde ich mir auch niemals kaufen! Da wir in etwa gleich groß und auch gleich „leicht“ sind, passte alles, und so habe ich sein Angebot gerne angenommen, denn wenig Gewicht ist am Berg ein großer Vorteil!
Warum gerade auf den Mont Ventoux, den wohl etliche von den Übertragungen der Tour de France als einen der Höhepunkte dieser Rundfahrt kennen. Schon aus großer Entfernung kann man, wenn man in der Gegend von Carpentras, Avignon, Arles oder Tarascon unterwegs ist, an klaren Tagen den Berg mit seinem charakteristisch kahlen, und an Schnee erinnernden Kalkgeröllgipfel erkennen. Es hätte auch jeder andere Berg sein können, aber der Mont Ventoux ist für mich schon irgendwie einmalig. 1336 hat ihn der Dichter Petrarca erstmals nachweislich bestiegen.
Frankreich hatte im Kalten Krieg hier mal seine atomar bestückten „Pluton-Raketen“ stationiert. Sie hätten im Ernstfall beide Teile Deutschlands in eine unbewohnbare und verseuchte Wüste verwandelt.
Ich gebe zu, ein Grund unter vielen anderen war, mir selber zu beweisen, dass man auch im fortgeschrittenen Alter nach entsprechender Vorbereitung so etwas schaffen kann.
Dabei ist die Steigung zu Beginn ab Bedoin nicht besonders groß. Es wird erst in der Geröllwüste auf den letzten Kilometern richtig steil. An einem heißen Sommertag, ohne jeden Schatten und dem flirrenden Licht und der Hitze ausgesetzt, muss es dort oben die Hölle sein!!
Das Problem am Mont Ventoux ist für mich die Länge des Anstieges, nämlich fast 21 Kilometer auf eine Höhe von knapp unter 2.000 Meter.
Gestartet bin ich im Tal bei angenehmen 26 Grad, oben waren es dann nur noch 13 Grad, und mir pfiff ein kalter Wind um die Ohren.
Mein Freund hat mich mit seinem PKW auf dem langen Anstieg begleitet und immer wieder motiviert, denn ich war mehrmals nahe dran, vom Rad ins warme und gemütliche Auto umzusteigen.
Unterwegs habe ich eine Mischung aus totaler Erschöpfung, unterbrochen von Phasen voller Euphorie erlebt. Der Flüssigkeitsverlust ist enorm, und er muss auch ständig ergänzt werden. Ich habe mir mehrfach trotzdem die Frage gestellt: Warum tust du dir das alles eigentlich freiwillig an??
Die letzten Kilometer habe ich dann nur durch schiere Willenskraft bewältigen können.
Da in den Tagen zuvor ein kräftiger Mistral geweht hatte, war die Fernsicht von der Aussichtsplattform bis hin zu den fernen schneebedeckten Alpengipfeln einfach überwältigend. Ich konnte mich kaum Sattsehen.
Die anschließende rasende Abfahrt ins Tal erschien mir dann als der weit gefährlichere Teil, denn man gerät nach den körperlichen Anstrengungen des Anstieges sehr leicht in eine Art Rausch der Geschwindigkeit, den schon einige bei schlimmen Stürzen mit ihrem Leben, oder mit schweren Verletzungen bezahlt haben. Etliche „Gipfelstürmer“ haben mich in rasender Fahrt und lauten Jubelschreien überholt.
Ich habe jedenfalls alles, auch Dank der guten hydraulischen Scheibenbremsen am Rad, ohne Blessuren überstanden.
Ob ich so etwas noch einmal machen würde?
Ich glaube, wohl eher nicht, obwohl das Austesten der eigenen Leistungsgrenzen und auch das zeitweilige Überschreiten derselben eine für mich zwar späte, aber sehr wichtige Lebenserfahrung ist.
Auch habe ich absichtlich nicht die Zeit erfasst, die ich bis zum Gipfel gebraucht habe. Sie ist für mich nicht wichtig, denn letztendlich zählt für mich nur, dass ich mein Vorhaben erfolgreich beendet habe!!
Letzte Änderung: 4 Jahre 2 Wochen her von Walter Gollhardt.

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