Nach den gescheiterten Sondierungen, und wie es möglicherweise weitergeht!

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6 Jahre 4 Monate her - 3 Jahre 11 Monate her #1 von Walter Gollhardt
Nun reden sie wieder alle vom Scheitern, oder einer möglichen Denkpause. Taktik, oder enden die Gespräche tatsächlich heute um 18 Uhr??
Nein, sie waren erst am Sonntag eine Minute vor 24 Uhr durch den Auszug der FDP aus den Verhandlungen beendet.
Es ist der unerwartete Gau, denn laut Umfragen käme bei den dann möglichen kostspieligen Neuwahlen, die im übrigen gar nicht so einfach möglich sind, ein ähnliches Ergebnis wie jetzt heraus.
Und wieder müßten sich unsere Volksvertreter mit dieser für sie schwierigen Entscheidung des Souveräns auseinandersetzen.
Oder wir gehen wählen, bis das Ergebnis endlich paßt?
Ein vollkommen falsches Verständnis unserer Demokratie, die die Auseinandersetzung und das Ringen um einen für alle tragbaren Kompromiß verlangt.
Diesem Anspruch sind bisher die verhandelnden Parteienvertreter in Berlin nicht gerecht geworden.
Im übrigen können wir uns über den Hick Hack in Berlin nicht beschweren, denn die gleichen Leute die nun die Länge der Auseinandersetzung beklagen haben jahrelang behauptet, daß sich unsere Parteien ja kaum noch unterscheiden würden, was ja bei der Union und der SPD stimmt.
Nun ist es passiert! Die Sondierungsgespräche sind geplatzt, da die FDP sie für gescheitert erklärt hat.
Alle schieben sich nun gegenseitig den Schwarzen Peter und die Verantwortung für das Scheitern zu, was müßig ist, denn die ganzen vier Wochen hat sich eines gezeigt:
Keiner der Verhandlungsteilnehmer traut dem anderen über den Weg!
Und Lindner und seine Mannen haben diese Gespräche wohl nur der Form halber geführt, ohne die Absicht in eine Koalition einzusteigen. Die FDP hat hoch gepokert, und nur nach einem Grund gesucht, die Gespräche platzen zu lassen. Ob es sich für die FDP letztendlich lohnen wird, kann z. Zt. niemand sagen.
Indiz dafür ist, daß untypisch für Sondierungen alles und jedes bis ins kleinste schriftlich fixiert wurde. So etwas macht man erst bei Koalitionsverhandlungen. Wobei dies auch heutzutage wenig Sinn macht, denn niemand weiß heute, was z. B. in drei oder vier Monaten sein wird.
Der Bundespräsident hat alle Parteien noch einmal an den Wählerauftrag und ihre staatspolitische Verantwortung erinnert.
Die SPD hat ganz klar erklärt, daß sie nicht als Lückenbüßer für die gescheiterten anderen Parteien zur Verfügung stehen wird. Man hat sich deshalb der Form halber für Neuwahlen ausgesprochen.
Merkel, Seehofer und die Union versuchen nun Schulz und die SPD unter Druck zu setzen, doch noch eine GroKo zu machen.
Merkel und auch Seehofer wollen nun so nicht enden, weshalb sie nichts unversucht lassen wollen, doch noch eine Regierung zustande zu bringen.
Da die SPD nicht Selbstmord begehen will, wird sie dem Druck standhalten und bei ihrer Entscheidung gegen eine neue GroKo irgendwie bleiben müssen.
Nun ja, es bleibt die Frage, ob die nächste Bundeskanzler(in) unbedingt Merkel heißen muß. Wenn ja, könnte sie eine Minderheitsregierung mit den auf einmal von der CDU so geschätzten Grünen bilden, die wenn es paßt von der SPD gestützt werden könnte. Eine bundespolitisch vollkommen neue Variante, die für unseren Parteienstaat eine ungewohnte Flexibilität und Verhandlungsgeschick erforderlich machen würden, aber eine Minderheitsregierung könnte unserer Demokratie und den Parteien bei den Bürgern dieses Landes zu neuem Ansehen verhelfen.
Endlich wären Debatten im Bundestag wieder interessant, man würde vom Abnicken der zuvor in den Ausschüssen ausgekungelten Vereinbarungen wegkommen, und unsere Volkvertreter würden sich vom Vollzugsorgan der amtierenden Regierung wieder ihrer eigentlichen Aufgabe zuwenden können, nämlich die Regierung zu kontrollieren und Initiativen zu ergreifen!!
Da Merkels Geschick zu Vereinbarungen und damit zu Verbündeten zu kommen von allen gelobt wird, könnte sie doch so weiterregieren, obwohl sie eine Minderheitsregierung ausgeschlossen hat. Die Halbwertzeit solcher Aussagen von Merkel ist allerdings nicht besonders groß, da ist schon ihr gefürchteter Pragmatismus vor, unbequeme Entscheidungen schnell und ohne Aufhebens über Bord gehen zu lassen.
Minderheitsregierungen sind in vielen Ländern Tradition, und sie müssen ja nicht eine ganze Legislatur bestand haben, aber sie würden unserer gut geölten und saturierten Demokratie neues Leben und Schwung einhauchen.
Neuwahlen wird es sowieso nicht schnell geben, denn die geschäftsführende Bundesregierung kann noch lange im Amt bleiben, und der Bundespräsident, der hierbei die entscheidende Person ist, ist kein Freund von Neuwahlen.
Falls es doch Neuwahlen geben sollte, dann frühestens im kommenden Frühjahr, und da sollte sich Deutschland nicht von den anderen EU-Partnern unter Druck setzen lassen. Holland hat zur Regierungsbildung ein halbes Jahr gebraucht, das kleine Belgien sogar anderthalb Jahre.
Klar, Deutschland ist die stärkste Wirtschaftsnation innerhalb der EU, und viele kleinere Länder der Gemeinschaft, vor allem die im Osten verstecken sich nur zu gerne hinter den Deutschen, auf die man immer irgendwie einprügeln kann, falls es mal in der EU nicht nach den eigenen Vorstellungen läuft.
Nun ist Deutschland für geraume Zeit nur begrenzt handlungsfähig, na und??

Da müssen halt mal andere ran, und der französische Präsident Macron füllt diese Rolle doch bereitwillig und vor allem nicht schlecht aus, und dies nicht zum Nachteil der Gemeinschaft.
Frische Ideen und manchmal forsches Vorpreschen tut der müden und behäbig gewordenen EU mal ganz gut, und sind wir doch mal ehrlich: Merkels zögerlicher Pragmatismus mag in Krisen gut sein, aber er lockt doch kaum noch jemand hinter dem Ofen vor.
Letzte Änderung: 3 Jahre 11 Monate her von Walter Gollhardt.
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