Völkerwanderung. Link eingesetzt am 29.01.2016

Lieber Bernd,

auch mich beunruhigt die Entwicklung und die Handlungsunfähigkeit der EU, und zusätzlich die Anzeichen eines schleichenden Zerfalls dieser für Europa einmaligen Institution.

Der inzwischen etwas in die Jahre gekommene „Weltwirtschaftsgipfel“ in Davos, eine abgehobene Veranstaltung der sog. Eliten dieser Welt geht nun zu Ende. Kanzlerin Merkel war in diesem Jahr übrigens nicht dort. Möglicherweise hat sie im eigenen Land genug zu tun, was ja auch etwas über den Wert von Davos aus ihrer Sicht aussagt.
Immerhin waren sie und ihr Handeln der vergangenen Monate das beherrschende Thema in Davos.
Viele Auguren dort sehen die EU mitten in einer existentiellen Krise, die die „Gemeinschaft“ zerreißen könnte, denn die EU erweist sich immer mehr als eine Gemeinschaft von Egoisten, wobei etliche Staaten, und dies vor allem in Osteuropa der Ansicht sind, daß sie die augenblicklichen Probleme nicht betreffen würden. Sie haben es sich nach jahrzehntelanger bewährter Manier hinter vermeintlich sicheren Grenzzäunen bequem gemacht.

Dabei sollten sie aus kommunistischen Zeiten eigentlich wissen, daß Grenzzäune oder Mauern keine Sicherheit bieten können, und ihr Bestand immer nur sehr kurz ist, und unter solch eine Käseglocke bekommt man auch nicht mit, daß sich unsere Welt rundherum in einem ständigen Wandlungsprozeß befindet, vor dem man keine Angst zu haben braucht, sondern um des eigenen Vorteils willen ganz vorne mittun sollte.

Kanzlerin Merkels stur erscheinendes Festhalten an einer Gesamteuropäischen Lösung der Flüchtlingsfrage, ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht den wohlfeilen Ausdruck „Krise“ verwenden, ist, um einen weiteren Begriff aus dem Wortschatz der Kanzlerin zu verwenden, in der Tat alternativlos.
Europa muß nun aller Welt beweisen, daß unsere Werte wie die bürgerlichen Freiheiten, die Beachtung der Menschenrechte, unser Rechtsstaat, die Gleichheit von Mann und Frau vor dem Gesetz usw. mehr sind, als schmückende Floskeln in den Sonntagreden unserer Politiker.
Hier steht nämlich unsere Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, denn immer dann, wenn unsere Politiker irgendeinen autoritär regierten Staat besuchen, bekommen sie das Einfordern der Menschenrechte ins Reisegepäck gelegt. Dumm nur, wenn man es zu Hause mit deren Beachtung dann wie inzwischen von vielen gefordert je nach Kassenlage handhabten möchte.

Diese Krise der EU ist anders, als die Krisen der Vergangenheit. Dieses Mal geht es an die Grundfesten, und alle handelnden Politiker sollten sich darüber im Klaren sein, daß abwarten und „laufenlassen“ die große Gefahr in sich birgt, daß man irgendwann den Punkt „Of no return“ erreicht hat, und dann wird die Entwicklung unkalkulierbar.

Der Schlüssel zur Lösung, wenn es denn überhaupt einen gibt, liegt in Berlin, und fast scheint es so, als hätten nur Merkel und ihre Unterstützer jenseits aller Parteitaktik die akute Gefahr des schleichenden Zerfalls der Europäischen Union erkannt.
Gingen die Schlagbäume wieder runter, wären die Folgen unabsehbar. Die wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen in Europa und deren weltweite Folgen könnten in eine Rezession führen.
Die Industrien sind inzwischen europaweit vollkommen vernetzt, 52 Prozent der deutschen Exporte gehen in Länder der EU. Zollschranken, Mauern und Zäune würden auch unser Land um Jahrzehnte zurückwerfen.
Europa hat ca. 500 Millionen Einwohner, und da soll es nicht gelingen, 1,5 Millionen Migranten aus den Bürgerkriegsländern je nach Bevölkerungszahl und der Wirtschaftskraft des Landes einigermaßen gerecht zu verteilen?

Die EU eine Gemeinschaft der Krämerseelen und Angsthasen?

Noch kann ich es nicht glauben, aber die nächsten Tage und Wochen werden entscheidend sein!!